Guillem Agulló i Salvador (1974-11.04.1993) war ein junger Antifaschist aus Burjassot (València), Mitglied der Unabhängigkeits- und Jugendorganisation »Maulets« und des antirassistischen Kollektivs »SHARP« (Skinheads Against Racial Prejudice; deutsch: Skinheads gegen rassistische Vorurteile).
Am 11. April 1993 wurde Guillem Agulló im Alter von 18 Jahren von der rechtsextremen Gruppe »Komando Marchalenes IV Reich«, dass sich zu Ehren des Nazi-Regimes in Montanejos (Castelló) benannt hatte, ermordet. Pedro Cuevas Silvestre, der gestandene Mörder, wurde zu 16 Jahren Haft verurteilt, von denen er nur vier im Gefängnis absitzen musste. Die restlichen Mitglieder der Gruppe wurden freigesprochen. Das Gericht ignorierte die politische Dimension und reduzierte den Mord auf einen Kampf zwischen Jugendbanden. Zur Rechtfertigung wurde ein rechtlicher, medialer und politischer Rahmen geschaffen, um die Angehörigen des Opfers zu kriminalisieren und alle politischen Motive des Verbrechens zu vertuschen. Die Komplizenschaft der damaligen Regierungsparteien Partido Socialista Obrero Español (kurz: PSOE; deutsch: Spanische Sozialistische Arbeiterpartei) und Partido Popular (kurz: PP; deutsch: Volkspartei), die verhindern wollten, dass der Makel der von ihnen geduldeten faschistischen Gewalt auf sie zurückfallen würde, hielten die Version des Gerichts aufrecht. »Guillem jódete« (deutsch: »Guillem, fick dich«) wurde jedoch bald zu einem Banner und einem provokativen Schrei der extremen Rechten in València, der bis heute überlebt.
Dass Faschist*innen de-facto Strafffreiheit genießen, bestätigte sich in den folgenden Jahren mehrfach. Ein Beweis dafür war die »Operación Panzer«. Im Jahr 2005 löste die Guardia Civil die Neonazi-Gruppe »Frente Antisistema« (kurz: FAS; deutsch: Anti-System-Front) in València auf, die mit verbotenen Waffen handelte, ein riesiges Arsenal an Munition, Kriegswaffen, Sprengstoff, Zündern, Messern, Nazisymbolen sowie faschistischer Propaganda und Literatur anhäufte und Jagd auf linke Aktivist*innen, Migrant*innen sowie Homosexuelle machte. Bei dieser »Operación« wurden 27 Personen verhaftet. Alle wurden 2014 freigesprochen, unter ihnen Pedro Cuevas. Ein weiterer Beweis für die Ignoranz der Gerichte war der Eintritt von Cuevas in die Neonazi-Partei »Alianza Nacional« (kurz: AN; deutsch: Nationale Allianz) im Jahr 2007, wobei Cuevas sogar so weit ging, in der Gemeinde Xiva (València) für den Stadtrat zu kandidieren. Angesichts des offensichtlich neonazistischen Hintergrundes des Mörders von Guillem wurde klar, dass der Prozess eine Farce war.
Durch den bedingungslosen Kampf der Familie Agulló über viele Jahre, konnte der soziale Prozess schließlich gewonnen werden. Heute gibt es Bücher, Lieder, Filme, Diskussionen und mehr über Guillem – er ist präsenter denn je. Guillem Agulló ist zu einem Symbol für eine ganze Generation geworden, die diesen Fall zum Banner des antifaschistischen Kampfes gemacht hat. Und wie der Slogan sagt: »Guillem Agulló, ni oblit ni perdó!« (deutsch: »Guillem Agulló, weder vergessen noch vergeben!«).